Mehr Balu, weniger Nase rümpfen
Neulich, beim Spaziergang mit meinem Goldi, begegneten wir im Wald einer Frau.
Schwer bepackt. Der Blick müde.
Balu lief freudig auf sie zu, wie er es immer tut:
ohne Vorbehalte, ohne zu fragen, wer jemand ist oder was jemand besitzt.
Die Frau streichelte ihn, und für einen kurzen Moment schien die Schwere ein wenig zu weichen. Wir kamen ins Gespräch.
Sie sprach über schwere Zeiten, über Erlebnisse, die einen erschüttern.
Ich setzte mich zu ihr auf eine Bank und hörte einfach zu.
Zum Abschied suchte ich ihr noch ein paar Anlaufstellen heraus, die ihr weiterhelfen könnten.
Später, als ich meiner Freundin davon erzählte, kam nur ein Naserümpfen:
„Ach die … läuft hier immer mit ihrem Einkaufswagen rum. Warum redest du überhaupt mit der?“
Warum?
Weil Würde keine Frage des äußeren Erscheinungsbildes ist.
Weil Zuhören oft mehr bewirken kann als jeder Ratschlag.
Und weil Freundlichkeit im Alltag nicht selektiv sein sollte.
Mein Hund urteilt nicht.
Er schenkt Vertrauen, einfach so.
Vielleicht sollten wir Menschen uns öfter ein Beispiel daran nehmen.
Ich jedenfalls nehme es mir vor.
Ein Plädoyer für echte Begegnungen
Seit diesem Tag denke ich oft darüber nach, wie leicht wir Menschen in Schubladen stecken
und wie schwer es ist, sie wieder zu öffnen.
Wir alle haben Momente, in denen wir wegsehen.
Weil uns das Leid anderer überfordert.
Oder weil es uns an etwas erinnert, das wir lieber vergessen möchten.
Doch genau in diesen Momenten zeigt sich, wer wir wirklich sind.
Freundlichkeit bedeutet nicht, alles lösen zu müssen.
Manchmal reicht es, einfach da zu sein.
Ein ehrlicher Blick. Ein Lächeln. Ein offenes Ohr.
Balu macht das ganz selbstverständlich.
Er begegnet jedem mit derselben Offenheit, egal ob Anzugträger oder Einkaufstrolley.
Er benötigt keinen Grund, um freundlich zu sein.
Vielleicht liegt genau darin eine der einfachsten Formen von Menschlichkeit.
Was wir von Hunden lernen können
Sie leben im Moment.
Sie bewerten nicht.
Und sie schenken Vertrauen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.
Das klingt simpel, ist aber im Alltag oft schwerer, als wir denken.
Denn wir vergleichen, kategorisieren, distanzieren.
Bis wir vergessen, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte trägt.
Wenn wir lernen, einander mit weniger Misstrauen und mehr Offenheit zu begegnen,
dann wäre unsere Gesellschaft nicht nur freundlicher, sondern auch menschlicher.
Fazit
Nicht jedes Gespräch verändert die Welt.
Aber jedes ehrliche Zuhören verändert etwas in uns.
Vielleicht fängt Mitgefühl genau da an, wo wir aufhören zu urteilen.
Und vielleicht braucht es gar nicht viel, um ein kleines Stück Wärme weiterzugeben.
Ein Blick.
Ein Wort.
Oder eben: ein wedelnder Schwanz.